Landesstelle Berlin für Suchtfragen e.V.
Gierkezeile 39, 10585 Berlin
Tel.: 030 - 34 38 91 60
Fax: 030 - 34 38 91 62
Mail: info@landesstelle-berlin.de

Öffnungszeiten
Di: 14:00 - 17:00 Uhr | Do: 11:00 - 15:00 Uhr
und nach Vereinbarung

Biografien

Peter

Ich bin Alkoholiker und heiße Peter.

Als ich um die Jahreswende 2000/01 meinen Tiefpunkt erlebte, erbat ich einen Termin in der offenen Sprechstunde der damals noch in der Gierkezeile 39 verorteten Alkolhol- und Medikamentenberatungsstelle. Das war an einem Donnerstag. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich etwa fünf Tage nicht getrunken, und der „kalte Entzug“ ging glimpflich ab. Eine stationäre Entwöhnungstherapie wollte ich nicht. Hatte ich Angst? Jedenfalls verwies mich der „Fachmann“ auf den Besuch einer Sucht-Selbsthilfegruppe: „Noch am Abend (woanders) oder zumindest am Freitag (im Hause)!“ Für meinen ersten Tag im „Suchthilfesystem“ hatte ich aber genug und so fuhr ich am Freitag mit weichen Knien und mulmigem Gefühl wieder in die Gierkezeile...

Zu meiner Verblüffung erzählten die, die dort über ihre Suchterfahrung sprachen, ganz viel über mein Leben. Wie konnte das sein? Sie kannten mich doch nicht. Es war für mich das Schlüsselerlebnis, dort am richtigen Platz mit den passenden Frauen und Männern zu sein. Glück oder Fügung? Ich bin heute noch dankbar, dass ich diese Transformation schaffte und mir dadurch der Glaube, ich sei Alkoholiker, ermöglicht wurde. Und es ist bis jetzt „meine“ Freitagsgruppe!

Später hörte ich, dies sei die erste aus dem Zusammenhang der Landesstelle Berlin für Suchtfragen e.V. gebildete Gruppe - zunächst sozialpädagogisch angeleitet, dann verselbstständigt. Das war Ende der 60er Jahre. Nach großem Zulauf teilte sie sich mehrfach. Bis heute bestehen vier „freie“ Gruppen, die sich im Angesicht der drohenden Gefahr eines Verkaufs der Immobilie vor über 20 Jahren zu dem Verein „Selbsthilfegruppen in der Gierkezeile 39“ zusammengeschlossen haben, um die Interessen der Gruppenmitglieder öffentlich und gegenüber der Landesstelle wirkungsvoll vertreten zu können. Ende 2013 wurde ich dann zum Vorsitzenden gewählt, weil der Verein durch die persönliche Krise meines Vorgängers „kopflos“ geworden war. Und in dieser Funktion bin ich Mitgliedsvertreter im Verein „Landesstelle Berlin für Suchtfragen e.V.“. Drei Jahre später wählte mich dort die Mitgliederversammlung in den (erweiterten) Vorstand.

Ist das eine „Karriere“? Jedenfalls empfinde ich es bis jetzt als ein Wunder, dass jemand, der sich früher im Halbrausch beim Nachschub besorgen auf offener Straße in die Hose gep… hat, nun „Suchtfunktionär“ geworden ist. In bestimmter Hinsicht stellt es jedoch eine konsequente Entwicklung in meinem Leben dar: Ich, Jahrgang 1955, Verwaltungswirt, war lange ehrenamtlich kommunalpolitisch aktiv und in den Stationen meines Wirkens im öffentlichen Dienst regelhaft mit Auftritten, Referaten, Vorträgen usw. befasst. Zudem kenne ich Gremienarbeit aus diversen Zusammenhängen, führe unterschiedliche Fortbildungen durch und habe mir eine besondere Affinität zu Rechtsfragen erarbeitet. Jedenfalls nutze ich diese Fähigkeiten nun auch auf dem Feld der Abhängigkeitserkrankungen. Den Bogen zwischen „Kopf“ und „Bauch“ schließe ich u. a. durch meine nebenamtliche Tätigkeit als kollegialer Ansprechpartner in meiner Behörde.

Ich weiß nicht, was ich ohne „meine“ Gruppe nicht erreicht hätte, völlig klar ist mir jedenfalls, dass die mir inzwischen lieb gewordenen Frauen und Männer der Freitagsgruppe bis zum heutigen Tag durch ihre „Erzählungen“ genügend Stoff für die eigene Inventur liefern. Sie helfen mir nicht, sondern helfen mir bei der Selbsthilfe…

Landesstelle Berlin für Suchtfragen e.V.
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